• Achtsame Auszeit: 28.6. in der Kloster-Oase Bühl >> INFOS <<

Achtsamkeit

Gedankenkarussell - nicht immer so schön wie hier Juni 5, 2025

Krisenkarussell und Nebel im Kopf: Wohin wir uns wenden können, wenn das Außen kaum Orientierung bietet

Viele Menschen sehen sich derzeit in schwierigen inneren und äußeren Gewässern: Sie haben – durchaus berechtigte – Sorgen und Ängste um die politische, gesellschaftliche, berufliche Zukunft. Sie sind müde vom Denken, doch das Denken hört nicht auf. Und trotzdem führt es auch nicht heraus aus der Verwirrung und Sorge.

Wir alle sehnen uns nach Orientierung. Doch das, wenn das Außen dauerhaft diffus, widersprüchlich oder überfordernd ist? Irgendwann beginnt sich alles zu drehen – im Kopf, im Gefühl und im Nervensystem.

  • Warum das Gedankenkarussell gerade in Dauerkrisenzeiten so viele Menschen festhält,
  • Wie wir wieder zu innerer Klarheit und Selbstverbindung finden können
  • Und warum ein „inneres Navigationssystem“ dabei so entscheidend ist wie nie…

… Meine Gedanken dazu teile ich hier und freue mich, wenn du mir einen Kommentar darlässt, wenn dich das berührt oder zu eigenen Gedanken anregt.

Dieser Beitrag ist Teil der Blogparade „Gedankenkarussell stoppen – Wege aus der Gedankenschleife“ von Pia Hübinger – selten schien mir ein Thema so aktuell und notwendig wie jetzt!

Das innere Navi aktivieren – von innen nach außen orientieren

Neulich war ich am Meer und habe zum ersten Mal in vielen Jahren Seenebel erlebt. Ein sehr interessantes Erlebnis und eine starke Metapher für dieses Gefühl, dass auf einmal jede Orientierung im Außen weggefallen ist!

Seenebel
Dieser unerwartete Besuch von William Turner erfreut das Fotografen-Herz. Als Spiegel eines derzeit häufig anzutreffenden inneren Zustands von Orientierungslosigkeit ist es ein starkes Symbolbild

In stürmischen und nebligen Zeiten ist es unendlich wertvoll, mit dem, was ich das „innere Navi“ nenne, vertraut zu sein. 

Dazu gehören Aspekte wie

  • Wertekompass
  • Bedürfnispyramide 
  • Intuition
  • Achtsamkeit
  • Stärkende Beziehungen*

*(Ja, auch letztere gehören für mich zum „inneren Navi“ – denn sichere Beziehungen geben uns Geborgenheit und ein Gefühl von Zuhause in einer chaotischen Welt.)

Zugleich darf diese Innenorientierung nicht dauerhaft sein. Sie darf nicht zur Abkapselung und Realitätsverweigerung führen. Sonst kracht es nur später umso heftiger.

Wir können in Krisen und in Unsicherheit nur „auf Sicht fahren“. Zur langfristigen Kurskorrektur benötigen wir ein starkes inneres System, das so stark ist, dass es offen sein kann für neue Impulse von außen.

Im Spannungsfeld zwischen veralteten Systemen und hochdynamischen Entwicklungen

Wir befinden uns, falls das noch nicht aufgefallen sein sollte, in einer Multi- und Stapelkrise (das heisst, die Krisen beeinflussen und triggern sich gegenseitig – vgl. Fukushima): 

Wirtschaft, Gesellschaft, Natur und die Menschen durchlaufen große Herausforderungen und Veränderungen. 

Die Ursachen sind dafür teils alt – ungelöste Fragen, die sich jetzt zuspitzen wie etwa die Rentenkrise als Ausdruck des starren Festhaltens am Wachstums- und Gewinnmaximierungs-Paradigma. 

Andere Treiber der Krisen sind neu – wie etwa KI, die binnen weniger Jahre schon jetzt zu Kündigungswellen und massiven Strukturumbrüchen auf dem Arbeitsmarkt führt (und wir stehen erst am Anfang).

Gigantische Herausforderungen – kollektiv wie persönlich

Viele Menschen sind derzeit mürbe, krisenmüde, dauerangespannt oder schon tief erschöpft. Wir haben die letzten Krisen – etwa Finanzkrise oder Corona-Krise – noch in den Knochen. Die Zeitverdichtung und der Druck steigen in fast allen Bereichen rapide an.

Und in vielen Firmen stehen weitere Kündigungswellen an. Man weiß gar nicht, ob man inmitten der KI-Arbeitswelt-Transformation lieber seinen Job verlieren möchte, um vielleicht nie wieder einen solchen zu finden – oder ob man wirklich zu den armen Tröpfen gehören will, die bleiben dürfen, um dann künftig die Jobs von allen, die gegangen sind, auch noch mitzumachen. 

Der „Stresstunnel“: gemeinsam im Gedankenkarussell

Ich glaube, viele von uns – gleich ob angestellt, gleich ob mit oder ohne Führungsrolle, gleich ob selbständig oder unternehmerisch tätig, spüren die gigantischen Herausforderungen, vor denen wir individuell und kollektiv stehen und angesichts derer wir uns allzu oft recht überfordert fühlen.

Viele Menschen sind derzeit …

  • komplett im Stresstunnel – samt Brain-melt – denn Dauerstress verändert unsere Wahrnehmung und unser Denken
  • haben große (und durchaus berechtigte) Zukunft-Sorgen und -Ängste 
  • denken und handeln in dieser Überforderung teils reaktionär – etwa mit psychologischer Regression, innerer Abkapselung, Starre und Entscheidungsverweigerung oder Zynismus.

Das ist verständlich – und doch natürlich nicht hilfreich.

Und im Grunde wissen wir auch alle, was wir tun könnten, um auszusteigen aus diesem Karussell …

Spüren statt Ausweichen – simpel, doch nicht leicht

Es ist eigentlich ganz einfach – und doch alles andere als leicht, da unsere emotionsgeladenen Gedanken und alarmierten Selbstschutzinstinkte uns weismachen, dass es gefährlich ist, auszusteigen.

Doch auch die Fähigkeit zur Selbstregulation und Achtsamkeit ist uns angeboren. Etwas Magisches kann geschehen, wenn wir aufhören, weiterzuhetzen. Uns stattdessen dem, was uns sorgt, ängstigt, beschäftigt, zuwenden. Uns selbst wieder spüren und bei uns selbst ankommen.

Es gibt unzählige Wege, die uns bei der Selbstregulation und Restauration unterstützen können und uns helfen, den Kopf wieder klarer zu bekommen, aus dem Gedankenkarussell auszusteigen. Einige davon habe ich hier gesammelt.

Mind the gap: Die Kraftquelle Pause

Die Essenz von all diesen Wegen – gleich ob Bewegung, Natur, Atmen, Meditation, Austausch oder Musik – ist ganz SIMPEL:

Ich möchte dich einladen, genau jetzt beim Lesen einmal innezuhalten. Nach innen zu spüren. Wahrzunehmen, wie es dir wirklich geht. Auch beim Unangenehmen hinzuspüren. Die Spannung zu spüren und zu halten. Das ist dein Leben. 

Und vielleicht spürst du zugleich auch, dass dieser Moment „reich“ und vielschichtig ist. Es gibt nicht nur „Krise“. Die ist irgendwo da draußen und, ja, auch in deinem Kopf. 

Mehr als Krisen oder Gedankenkarussell wahrnehmen und sein

Da ist noch viel mehr als deine Gedanken und Krisen – reale oder befürchtete. Etwa: Dein Körper, dein Atem, dein Herzschlag. Deine Mitmenschen. Dein komplexes und faszinierendes Innenleben. Deine Bedürfnisse, Wünsche und Träume. 

Deine Sehnsucht nach mehr. Nach Freiheit und Lernen. Eine leise innere Stimme, die dir Hinweise gibt, was für dich jetzt „stimmig“ ist. Genau heute. Und als nächster Schritt in deine Zukunft. 

Es ist diese stille und ruhige Kraft des Seins und die Entwicklungsfreude unserer menschlichen Natur, die uns als „inneres Navi“ Halt und Orientierung in Zeiten geben, in denen im Außen die Orientierung fehlt.

Kennst du diese Seite in dir?

Wie kannst du sie heute – jetzt – wahrnehmen?

Wie kannst du dich im Alltag an sie erinnern?

Innehalten und Spüren um das innere Navi zu aktivieren
Innehalten und Spüren, um das innere Navi zu aktivieren
Feb. 21, 2024

Was Achtsamkeit ist – und was nicht

Dieses Bild einer meditierenden jungen Frau, die im Lotus-Sitz in weißer Kleidung an irgendeinem See sitzt und glücklich lächelnd Richtung Sonnenuntergang schaut … NERVT mich!

Klar, als Meditationslehrerin habe ich das natürlich gaaanz achtsam reflektiert. 😉

Hier erfährst Du, was mich daran stört und warum solche Bilder oft mehr schaden als nützen.

Frau sitzt am Strand und lächelt versunken

Das soll Meditation sein!?

Image by pressfoto on Freepik

Bei Achtsamkeit geht es um Dinge, die man nicht sehen kann

Es geht um Wahrnehmen, Nicht-Urteilen und im-Moment-Sein – beziehungsweise immer wieder zurückkehren. Jon Kabat-Zinn, Begründer des MBSR-Programms (Mindfulness-Based Stress Reduction) beschreibt Achtsamkeit so:

„Achtsamkeit ist das Gewahrsein, das entsteht,
wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Weise ausrichten:
absichtslos
im gegenwärtigen Moment
und nicht wertend.“


Weiße Kleidung, Lotus-Sitz und entrücktes Lächeln: alles rein optional!

Und was den See bei Sonnenuntergang angeht, so kann ich nur sagen: Denkt an die Stechmücken! 

Mal ganz im Ernst, warum halte ich dieses Bild für so unglücklich? Weil es bei so vielen Menschen völlig falsche Erwartungen daran weckt, was Meditation und Achtsamkeit eigentlich sind. Das fängt an bei äußeren Vorstellungen, wie das auszusehen hat, und geht weiter damit, dass es auch innerlich vermeintlich etwas falsch und richtig zu machen gibt.

Zum Beispiel ist eine sehr verbreitete Meinung, dass beim Meditieren die Gedanken aufhören (sollten). Nö! Es KANN passieren, dass sie ruhiger werden – und das ist natürlich angenehm. Doch auch darum geht es primär gar nicht! Aber viele Menschen erleben, dass die Gedanken sogar erst einmal lauter werden, und sagen dann: „Ich kann halt nicht meditieren. Ich kann einfach nicht abschalten. Ich habe die ganze Zeit Gedanken im Kopf. Ich kann das nicht. Das ist nichts für mich.“ Und das ist so schade! 

Viele gestresste Menschen geben wegen falscher Vorstellungen auf

Sie verzichten damit darauf, Aufmerksamkeitslenkung zu trainieren und zu erfahren, was es bewirkt, seine Sinne bewusst immer wieder nach innen zurückzuholen. (Wichtig: „Immer wieder“ – die Wiederholung macht es zur Übung!) Und zu lernen, auch mit Dingen präsent zu sein, die unangenehm sind. Dies „halten“ zu lernen (nicht: „Aushalten!). Wenn sie zu schnell aufgeben bzw. sich mit „Nicht-Können“ identifizieren, verpassen sie zudem die Chance zu erleben, wie sich ihr Nervensystem im Laufe der Zeit oft ganz von alleine beruhigt. (Geheimtipp: Entspannung erzwingen zu wollen, funktioniert nicht. Absichtslose Präsenz hat hingegen fast immer eine entspannende und beruhigende Wirkung).

Die Fähigkeit, sich zu konzentrieren, sich selbst zu spüren und geduldig mit seinen eigenen inneren Reaktionen zu sein: Das sind Geschenke von Achtsamkeit, die wir heute in einer chaotischen, lauten, ungeduldigen und oft wenig wertschätzenden Welt dringend benötigen! Sie sind ein Tor zu unserem eigenen Inneren, in dem der Schlüssel zu einem glücklichen, erfüllten, sinnvollen und selbstbestimmten Leben liegt. Es ist wertvoll zu lernen, dass wir diesen Schlüssel in uns selbst haben und gezielt auf unsere Ressourcen zugreifen können!

Natürlich kann Meditation nicht alles lösen

Achtsam wahrzunehmen, welche Unordnung gerade in einem Zimmer herrscht, macht das Zimmer nicht aufgeräumt, egal wie achtsam wir sind. Deshalb gilt es auch, (wieder) ein gesundes Verhältnis zum aktiven Tun zu entwickeln. Herauszufinden, was für uns jetzt wirklich wichtig, relevant und stimmig ist.

In vielen Momenten unseres Lebens gelingt es uns das auch völlig mühelos, denn da sind wir in Einklang mit uns selbst. Doch in anderen Bereichen oder Situationen unseres Lebens kann es uns sehr schwer fallen, weil wir uns selbst im Wege stehen oder die Umstände herausfordernd sind. Dann ist es gut, gelegentlich schon mal Achtsamkeit geübt zu haben. Denn es geht darum, diese Fähigkeit zur Achtsamkeit ins tatsächliche Leben zu bringen, nicht nur auf der Meditations-Matte (oder sonstigem idealem, ruhigen Ort) damit zu bleiben. Sonst wäre es steril, es geht aber um Lebendigkeit! Und darum, wie sich diese in jedem von uns individuell ausdrücken will.

Wir brauchen Symbolbilder, aber …

… meines Erachtens wird es höchste Zeit, die junge Frau im weißen Dress endlich von den Stechmücken und vom Muskelkrampf in den Beinen zu erlösen und das Bild zu sehen als das, was es ist: Ein kultureller Stereotyp von Meditation, der mit dem tiefen Wesen von Achtsamkeit ungefähr so viel zu tun hat wie eine Hollywood-Schmonzette mit echter Liebe. Symbolbilder sind oft nützlich und manchmal sogar hilfreich, wenn sie uns an eine tiefere Essenz in uns Selbst erinnern. Manchmal schaden aber Bilder auch, denn sie verweisen auf eine Oberfläche oder eine erstarrte Vorstellung – und dann gilt es, sie zu hinterfragen. Im Buddhismus geht das sogar noch einen Schritt weiter „If you meet the Buddha – kill him!“, heißt es dort. Beziehungsweise, etwas pazifistischer:

„Wandle nicht auf den Spuren der Meister, sondern suche, was sie suchten.“

Hinterfrage Dein Bild von Achtsamkeit

Wo und wie und wann wärst du gerne achtsamer, auch wenn es vielleicht gar nicht zu den typischen Bildern von Achtsamkeit passt? 

Es ist möglich, achtsam Auto zu fahren, eine unangenehme Email zu schreiben, ein weinendes Baby zu trösten oder einem trotzigen Teenie Paroli zu bieten, den aufsteigenden Ärger in einem Streit zu beobachten, zu duschen, den nächsten Urlaub zu planen, einzukaufen oder zu kochen. 

Probiere es einfach mal aus! Die drei magische Zutaten sind: Wahrnehmung, Nicht-(Selbst-Ver-)Urteilen und Präsenz. Dazu gib noch eine Prise Wohlwollen gegenüber dir selbst, wenn es nicht „klappt“. Es gibt kein Falsch und kein Richtig. Achtsamkeit ist ein Weg, sich selbst besser kennenzulernen. Und einen guten Umgang mit sich selbst zu kultivieren. Denn: Vergleich dich bitte nicht mit anderen! Das Gedankenkarussell im Kopf von anderen kannst du (zum Glück) nicht sehen. 

Praxistipp: Gehe ohne Erwartungen und von außen geprägte Bilder heran!

Setze Dich einfach vor dem Schlafengehen für 5 Minuten auf Deine Couch. Mach es Dir bequem – Du musst nur frei atmen können. Dann beobachte, wie sich Dein Atem anfühlt.

Wie er kommt und geht. Wie auch Deine Gedanken und Gefühle kommen und gehen. Und vielleicht fällt Dir dabei nach einer Weile auf, dass es tief in Dir eine ruhige Schicht gibt. Dort ist die innere Stille. Dort ist die Quelle Deiner inneren Weisheit. Dort ist verspielte Neugier und staunende Freude über dieses Wunder Deines Atems, Deines Körpers und Deines Lebens.

Es mag sein (und ist wahrscheinlich so!), dass darüber – in verschiedenen anderen Schichten – auch Unruhe ist und Gedankenwirrwarr, intensive Gefühle oder unangenehme Körperempfindungen. Auch das gehört zum Leben dazu. Und, wann immer es sich zeigt, eben zum jeweiligen Moment. 

Doch es gibt einen Teil in Dir, der kann das alles halten (manchmal vielleicht nur für Millisekunden, aber das macht schon einen großen Unterschied!). Der achtsam und wohlwollend beobachtet. Und Dich spüren lässt, wenn etwas nicht stimmig ist. Manchmal schickt er Dir auch Impulse, wie Du Dein Leben glücklicher, authentischer, erfüllter und sinnvoller gestalten kannst. Was Dir gut tut und was nicht.

Bist Du bereit, nach Innen zu lauschen und wirklich lebendig zu sein?
Wenn Du diese Fragen mit Ja beantwortest, kannst Du meditieren!

Feb. 21, 2024

Was Achtsamkeit ist – und was nicht

Dieses Bild einer meditierenden jungen Frau, die im Lotus-Sitz in weißer Kleidung an irgendeinem See sitzt und glücklich lächelnd Richtung Sonnenuntergang schaut … NERVT mich!

Klar, als Meditationslehrerin habe ich das natürlich gaaanz achtsam reflektiert. 😉

Hier erfährst Du, was mich daran stört und warum solche Bilder oft mehr schaden als nützen.

Frau sitzt am Strand und lächelt versunken

Das soll Meditation sein!?

Image by pressfoto on Freepik

Bei Achtsamkeit geht es um Dinge, die man nicht sehen kann

Es geht um Wahrnehmen, Nicht-Urteilen und im-Moment-Sein – beziehungsweise immer wieder zurückkehren. Jon Kabat-Zinn, Begründer des MBSR-Programms (Mindfulness-Based Stress Reduction) beschreibt Achtsamkeit so:

„Achtsamkeit ist das Gewahrsein, das entsteht,
wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Weise ausrichten:
absichtslos
im gegenwärtigen Moment
und nicht wertend.“


Weiße Kleidung, Lotus-Sitz und entrücktes Lächeln: alles rein optional!

Und was den See bei Sonnenuntergang angeht, so kann ich nur sagen: Denkt an die Stechmücken! 

Mal ganz im Ernst, warum halte ich dieses Bild für so unglücklich? Weil es bei so vielen Menschen völlig falsche Erwartungen daran weckt, was Meditation und Achtsamkeit eigentlich sind. Das fängt an bei äußeren Vorstellungen, wie das auszusehen hat, und geht weiter damit, dass es auch innerlich vermeintlich etwas falsch und richtig zu machen gibt.

Zum Beispiel ist eine sehr verbreitete Meinung, dass beim Meditieren die Gedanken aufhören (sollten). Nö! Es KANN passieren, dass sie ruhiger werden – und das ist natürlich angenehm. Doch auch darum geht es primär gar nicht! Aber viele Menschen erleben, dass die Gedanken sogar erst einmal lauter werden, und sagen dann: „Ich kann halt nicht meditieren. Ich kann einfach nicht abschalten. Ich habe die ganze Zeit Gedanken im Kopf. Ich kann das nicht. Das ist nichts für mich.“ Und das ist so schade! 

Viele gestresste Menschen geben wegen falscher Vorstellungen auf

Sie verzichten damit darauf, Aufmerksamkeitslenkung zu trainieren und zu erfahren, was es bewirkt, seine Sinne bewusst immer wieder nach innen zurückzuholen. (Wichtig: „Immer wieder“ – die Wiederholung macht es zur Übung!) Und zu lernen, auch mit Dingen präsent zu sein, die unangenehm sind. Dies „halten“ zu lernen (nicht: „Aushalten!). Wenn sie zu schnell aufgeben bzw. sich mit „Nicht-Können“ identifizieren, verpassen sie zudem die Chance zu erleben, wie sich ihr Nervensystem im Laufe der Zeit oft ganz von alleine beruhigt. (Geheimtipp: Entspannung erzwingen zu wollen, funktioniert nicht. Absichtslose Präsenz hat hingegen fast immer eine entspannende und beruhigende Wirkung).

Die Fähigkeit, sich zu konzentrieren, sich selbst zu spüren und geduldig mit seinen eigenen inneren Reaktionen zu sein: Das sind Geschenke von Achtsamkeit, die wir heute in einer chaotischen, lauten, ungeduldigen und oft wenig wertschätzenden Welt dringend benötigen! Sie sind ein Tor zu unserem eigenen Inneren, in dem der Schlüssel zu einem glücklichen, erfüllten, sinnvollen und selbstbestimmten Leben liegt. Es ist wertvoll zu lernen, dass wir diesen Schlüssel in uns selbst haben und gezielt auf unsere Ressourcen zugreifen können!

Natürlich kann Meditation nicht alles lösen

Achtsam wahrzunehmen, welche Unordnung gerade in einem Zimmer herrscht, macht das Zimmer nicht aufgeräumt, egal wie achtsam wir sind. Deshalb gilt es auch, (wieder) ein gesundes Verhältnis zum aktiven Tun zu entwickeln. Herauszufinden, was für uns jetzt wirklich wichtig, relevant und stimmig ist.

In vielen Momenten unseres Lebens gelingt es uns das auch völlig mühelos, denn da sind wir in Einklang mit uns selbst. Doch in anderen Bereichen oder Situationen unseres Lebens kann es uns sehr schwer fallen, weil wir uns selbst im Wege stehen oder die Umstände herausfordernd sind. Dann ist es gut, gelegentlich schon mal Achtsamkeit geübt zu haben. Denn es geht darum, diese Fähigkeit zur Achtsamkeit ins tatsächliche Leben zu bringen, nicht nur auf der Meditations-Matte (oder sonstigem idealem, ruhigen Ort) damit zu bleiben. Sonst wäre es steril, es geht aber um Lebendigkeit! Und darum, wie sich diese in jedem von uns individuell ausdrücken will.

Wir brauchen Symbolbilder, aber …

… meines Erachtens wird es höchste Zeit, die junge Frau im weißen Dress endlich von den Stechmücken und vom Muskelkrampf in den Beinen zu erlösen und das Bild zu sehen als das, was es ist: Ein kultureller Stereotyp von Meditation, der mit dem tiefen Wesen von Achtsamkeit ungefähr so viel zu tun hat wie eine Hollywood-Schmonzette mit echter Liebe. Symbolbilder sind oft nützlich und manchmal sogar hilfreich, wenn sie uns an eine tiefere Essenz in uns Selbst erinnern. Manchmal schaden aber Bilder auch, denn sie verweisen auf eine Oberfläche oder eine erstarrte Vorstellung – und dann gilt es, sie zu hinterfragen. Im Buddhismus geht das sogar noch einen Schritt weiter „If you meet the Buddha – kill him!“, heißt es dort. Beziehungsweise, etwas pazifistischer:

„Wandle nicht auf den Spuren der Meister, sondern suche, was sie suchten.“

Hinterfrage Dein Bild von Achtsamkeit

Wo und wie und wann wärst du gerne achtsamer, auch wenn es vielleicht gar nicht zu den typischen Bildern von Achtsamkeit passt? 

Es ist möglich, achtsam Auto zu fahren, eine unangenehme Email zu schreiben, ein weinendes Baby zu trösten oder einem trotzigen Teenie Paroli zu bieten, den aufsteigenden Ärger in einem Streit zu beobachten, zu duschen, den nächsten Urlaub zu planen, einzukaufen oder zu kochen. 

Probiere es einfach mal aus! Die drei magische Zutaten sind: Wahrnehmung, Nicht-(Selbst-Ver-)Urteilen und Präsenz. Dazu gib noch eine Prise Wohlwollen gegenüber dir selbst, wenn es nicht „klappt“. Es gibt kein Falsch und kein Richtig. Achtsamkeit ist ein Weg, sich selbst besser kennenzulernen. Und einen guten Umgang mit sich selbst zu kultivieren. Denn: Vergleich dich bitte nicht mit anderen! Das Gedankenkarussell im Kopf von anderen kannst du (zum Glück) nicht sehen. 

Praxistipp: Gehe ohne Erwartungen und von außen geprägte Bilder heran!

Setze Dich einfach vor dem Schlafengehen für 5 Minuten auf Deine Couch. Mach es Dir bequem – Du musst nur frei atmen können. Dann beobachte, wie sich Dein Atem anfühlt.

Wie er kommt und geht. Wie auch Deine Gedanken und Gefühle kommen und gehen. Und vielleicht fällt Dir dabei nach einer Weile auf, dass es tief in Dir eine ruhige Schicht gibt. Dort ist die innere Stille. Dort ist die Quelle Deiner inneren Weisheit. Dort ist verspielte Neugier und staunende Freude über dieses Wunder Deines Atems, Deines Körpers und Deines Lebens.

Es mag sein (und ist wahrscheinlich so!), dass darüber – in verschiedenen anderen Schichten – auch Unruhe ist und Gedankenwirrwarr, intensive Gefühle oder unangenehme Körperempfindungen. Auch das gehört zum Leben dazu. Und, wann immer es sich zeigt, eben zum jeweiligen Moment. 

Doch es gibt einen Teil in Dir, der kann das alles halten (manchmal vielleicht nur für Millisekunden, aber das macht schon einen großen Unterschied!). Der achtsam und wohlwollend beobachtet. Und Dich spüren lässt, wenn etwas nicht stimmig ist. Manchmal schickt er Dir auch Impulse, wie Du Dein Leben glücklicher, authentischer, erfüllter und sinnvoller gestalten kannst. Was Dir gut tut und was nicht.

Bist Du bereit, nach Innen zu lauschen und wirklich lebendig zu sein?
Wenn Du diese Fragen mit Ja beantwortest, kannst Du meditieren!